„Als mein Bruder und ich 1986 unseren ersten Laden in Mannheim eröffneten, hat uns niemand beraten. Aber auch heute werden Gründungswillige nicht ausreichend beraten! Gleichzeitig ist für den Gründer enorm wichtig, so viel Beratung wie nur möglich in Anspruch zu nehmen und Seminare und Kurse zu besuchen. Dabei schämen sich viele Einwanderer aufgrund ihrer Herkunft oder Sprachmängel überhaupt dabei zu sein, Fragen zu stellen, Hilfe zu suchen.“ betonte Mustafa Baklan, Mitinhaber des Unternehmens BAKTAT Gruppe, der mit seinen 3.000 verschiedenen Nahrungsmittelprodukten heute der größte Anbieter türkischer Lebensmittel in Europa ist. Mustafa Baklan selbst kam als 16-jähriger nach Mannheim zum Studieren. Statt Diplom erlernte er drei Berufe, die des Schweißers, LKW-Fahrers und Verkäufers bevor ihn sein Weg in die Selbstständigkeit führte.
Er war einer von vielen Gästen der ersten zweisprachigen (Deutsch/Türkisch) Informationsveranstaltung im Saarland zum Thema Existenzgründung, die am 15.04.2013 im VHS Zentrum am Schloss stattgefunden hat. Auf Einladung des Wirtschaftsministers Heiko Maas kam, neben Vertretern des SOG-Netzwerks, von der IHK, HWK, SIKB, des Regionalverbandes Saarbrücken sowie Wirtschaftsministeriums auch Herr Aslan Alper Yüksel, Generalkonsul der Republik Türkei: „Mein Wunsch ist es, dass es viele Gründungen von Menschen türkischer Herkunft zum Wohle dieses Landes gibt. Dazu sind noch mehr Aktivitäten nötig. So gibt es zum Beispiel in Rheinland-Pfalz schon einige Vereine, gegründet von Migranten, die über die Unternehmensübernahmen oder Insolvenzgefahr informieren. Das könnte für das Saarland als Vorbild dienen!“, sagte er u. a. in seinem Grußwort.
Warum ist es so wichtig, die Einwanderer gezielt zu informieren?
Rund 60% aller Vollerwerbsgründungen in Deutschland erfolgen durch Einwanderer. Und knapp 110.000 Familienunternehmen in Deutschland, mit etwa 1,4 Millionen Beschäftigten suchen von 2010 bis 2014 in Deutschland einen Betriebsnachfolger! Daraus ergibt sich die dringende Frage, wie man es schafft , die umfangreichen Beratungsangebote für Existenzgründer, die es auch im Saarland gibt, besser an interessierte Einwanderer zu vermitteln?
Zu diesem Zweck wurde vor etwa einem Jahr mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums der erste offizielle saarländische Gründungslotse für Migranten/innen eingestellt. Herr Faruk Sahin, vom IQ Netzwerk Saarland – Teilprojekt MİGRİS (Migrant/innen gründen im Saarland), wurde somit ein Teil des seit Jahren im Saarland bestehenden Beraternetzwerks SOG = Saarland Offensive für Gründer. Die SOG ist ein Netzwerk, welches sich aus Beratern der verschiedensten Institutionen wie Wirtschaftsministerium, Kammern, Arbeitsagentur sowie Freiberuflern zusammensetzt. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, die angehenden Gründer auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen und zu begleiten, sowie Anreize zu schaffen, die eigene Gründungsidee umzusetzen.
Das SOG-Netzwerk bekam mit Herrn Sahin neue Impulse: es ist eine Veranstaltungsreihe geplant, die SOG und Gründungsberatungsangebote des IQ-Gründungsbüros bei den Einwanderern im Saarland bekannt machen soll. Zum Auftakt waren die Menschen türkischer Herkunft die Zielgruppe.
Etwa 120 Gäste aus allen saarländischen türkischen Gemeinden konnten dabei erfahren, dass die Gründer bis zu 8 Beratungsarbeitstage vom Wirtschaftsministerium bezuschusst bekommen können, unter der Bedingung, dass sie 1/5 der Kosten selbst tragen. Unter bestimmten Bedingungen gibt es auch Investitionskostenzuschüsse. Die ZPT Zentrale für Produktivität bietet zum Beispiel viele Seminare und Kurse und die Sparkasse informiert über Unternehmensnachfolge, Investoren- und Ideenbörse.
Auf Anfrage erfuhr eine künftige Gründerin, dass ihre Geschäftsidee solange ein Geheimnis bleibt, bis sie sie selbst veröffentlicht, weil alle Berater öffentlich vereidigt und zur Geheimhaltung verpflichtet sind.
Die Organisatoren erhoffen sich durch ähnliche Veranstaltungen Barrieren abzubauen und die Zahl der Gründungen im Saarland weiter voran zu treiben.