Was für eine Zukunft erträumen sich junge Menschen in Sarajevo, nachdem ihnen das Erbe der schweren Kriege hinterlassen wurde? Was ist nach all den Kriegen aus dem „europäischen Jerusalem“ geworden, wo sich einst alle Weltreligionen zuhause fanden und Multiethnizität das höchste Gut darstellte?
Um das zu erfahren, haben sich 42 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren aus Deutschland, Frankreich und Rumänien auf den Weg nach Sarajevo gemacht. Zwei Wochen verbringen sie gerade gemeinsam mit 12 gleichaltrigen Sarajevoern. Ihre bisherigen Lebenserfahrungen, sowie gemeinsame Erlebnisse aus dieser geschichtsträchtigen Stadt verarbeiten sie in einer 50-minütigen Performance aus Musik, Licht und Tanz, namens #P.O.S.T. 14.
Unter der Leitung der Kölner Choreografin Daniela Rodriguez und angetrieben von einer intensiven Klangkomposition von Carsten Thiele gewinnt das Stück Tag für Tag mehr Kontur. Die Jugendlichen von der „Fresh Generation“, einer Tanzgruppe aus Sarajevo zeigen auf ihre Art die jüngeren Geschichte Sarajevos. Ein bewegender Prozess.
Am Samstag, den 09.08. um 20 Uhr feiert das Stück seine Premiere im Jugendzentrum in Grbavica.
„Ich habe schon lange davon geträumt mit einer Gruppe junger Menschen Sarajevo zu besuchen, eine Stadt, mit einer so bewegenden multireligiösen und multikulturellen Geschichte“, sagt Heiner Buchen, der Ideengeber und Verantwortliche für das Projekt „Sarajevo_14“. Das Projekt des Dekanates Saarbrücken wird finanziert vom Deutsch-Französischen-Jugendwerk, der Robert-Bosch-Stiftung, dem Kulturministerium des Saarlandes und Renovabis.
„Nach erfolgreichem Jugendtanzcamp im letzten Jahr im Spicheren, an der deutsch-französischen Grenze, zwei Staaten, die Jahrhunderte gegeneinander gekämpft haben und jetzt eine Freundschaft pflegen, und einer gelungene Tanzperfomance „Grenzerde“ waren wir bereit für Sarajevo.“, so Buchen.
#P.O. S.T. 14 stellt eine Bildercollage über 100 Jahre Geschichte in Sarajevo dar. Angefangen von der Besonderheit eines frühen multikulturell- multireligiösen Zusammenlebens, über das schicksalhafte Attentat am österreichisch- ungarischen Thronfolger und damit Beginn des 1. Weltkriegs über die Jugoslawienkriege bis hin zu einer Generation von jungen Menschen, die heute in Sarajevo leben und träumen. Durch moderne Formen des Hip-Hop Tanzes erfährt das Publikum von persönlichen Schicksalen in Kriegszeiten, von der Trauer der Opfer, Hoffnungslosigkeit, Gewalt und Ungerechtigkeit, aber auch vom Mut, der Hoffnung und der Kreativität, die allen Widerständen zum Trotz neue Perspektiven eröffnen.
Einen ergreifendes und erschütterndes Erlebnis war der Besuch des Memorialzentrums in Srebrenica. Dort wird an 8400 getöteten muslimischen Männer und Jungen, die im Juli 1995 innerhalb einer Woche ermordet wurden, erinnert.
Besondere Gastfreundschaft erfahren die Jugendlichen im Internat des Katholischen Schulzentrums, wo sie alle, zusammen mit ihren Betreuern untergebracht sind. Trotz der intensiven Arbeit am Tanzstück, bleibt Zeit, die kulturellen und historischen Hintergründe in einem „Outdoor-Geschichtsunterricht“ aufzunehmen. So zum Beispiel mit einer Straßenbahnfahrt quer durch die Sarajevo, einem islamischen Abendgebet in einer der ältesten Moscheen der Stadt und dem anschließenden Empfang durch den Scheich der Sufi-Gemeinde. Oder der Besuch des Ortes an dem das Attentat am österreichischen Thronfolger stattfand. Geplant sind noch weitere Exkursionen zu anderen Orten, an denen die multikulturelle Geschichte und Gegenwart Sarajevo sichtbar ist, so z.B. die 500 Jahre alte Synagoge, die katholischen Kathedrale und die Alte orthodoxe Kirche.