Rund 42.000 Zuschauer des diesjährigen Filmfestival Max Ophüls Preis, das vom 19.-25. Januar in Saarbrücken stattgefunden hat, sind sich ziemlich einig: dies war ein guter Jahrgang!
Interessiertes Publikum, gute cineastische Infrastruktur mit hingebungsvollen Mitarbeitern, Unterstützung der Hauptstadt und des Landes, Sponsoren, mediale Begleitung, gute Organisation, engagierte Mitarbeiter und Jurymitglieder… Das wichtigste aber: es ist gelungen viele junge Filmemacher dafür zu gewinnen, dass sie ihre Erstlinge oder ihre noch nie gezeigten Filme diesem Festival anvertrauen. Damit bekräftigt das MOP-Filmfest sein Anspruch, das wichtigste deutschsprachige Nachwuchsfilmfestival zu sein. Deutschsprachig heißt aber nicht etwa, dass in den Filmen nur Deutsch gesprochen wird, oder dass die Themen in irgendeine Weise auf das deutschsprachige Territorium begrenzt sind. Es genügt ein Bezug zum Deutschen, sei es die Sprache, das Land, der/die FilmemacherIn, Produzent…
In diesem Jahr kamen wie gewohnt sehr gute Filme aus Österreich, verstärkt aus der Schweiz und Luxemburg. Allerdings ist angesichts der geografischen Nähe das Ausbleiben der französischen und auch der belgischen Beiträge nicht nachvollziehbar.
Zwei Filme haben eine starke Spur hinterlassen: der Gewinner des Hauptpreises in Höhe von € 36.000 „Chrieg“ in der Regie von Simon Jaquemet und Publikumsliebling „Freistatt“ des Regisseurs Marc Brummund. Beide Filme zeigen Jugendliche, die von ihren Eltern von Zuhause weggeschickt werden, damit jemand anderer sich um sie kümmert. So wurden z.B. im Nachkriegsdeutschland ca. 800.000 Jugendliche im Alter von 14-21 Jahre in die hauptsächlich kirchlich geführten Heime abgeschoben, wo man sie Disziplin und Gehorsam „lehrte“. Eine der brutalsten Einrichtungen befand sich in Freistatt, wo die „Schützlinge“ nicht nur harte Arbeit verrichten mussten, sondern auch körperlich und psychisch gequält wurden (erschütterndes Live-Zeugnis von Wolfgang Rosenkötter). Die Geschichte dieser Heimkinder ist erst 2006 der Öffentlichkeit bekannt geworden. Seit 2010 werden die ehemaligen Heimkinder aus einem staatlich-kirchlich finanzierten Fond mit insgesamt 120 Millionen Euro finanziell entschädigt.
Auch die Dokumentarreihe bot viele bemerkenswerte Filme von den Schauplätzen in Norwegen, Ägypten, Deutschland, Türkei…
Der in Berlin geborener Ilker Ҫatak gewann schon zum zweiten Mal den Preis für den besten Kurzfilm, diesmal für „Sadakat“, der in Istanbul und in türkischer Sprache gedreht wurde. Einige andere Filmreihen führten uns nach Kuba, China, Afghanistan, Portugal, Amerika…
Den Preis für den gesellschaftlich relevanten Film gewann die Schweizerin Andrea Štaka, deren Eltern in Dubrovnik und Sarajevo geboren wurden, für den Film „Cure – das Leben einer Anderen“, ein Film der sich mit den Problemen des Zugehörigkeitsgefühls junger Menschen auseinandersetzt und zum größten Teil kroatischsprachig ist. „Driften“ des Regisseurs Karim Patwa, der die Geschichte eines jugendlichen „Rasers“ erzählt, der einen Menschen fahrlässig tötet, gewann gleich drei Preise.
Auch wenn der Film selbst nicht die große Anerkennung bei diesem Festival fand, ist es erfreulich, dass „Kafkas Der Bau“ in der Regie von Jochen A. Freydank, zum Teil von Saarland Medien und dem SR gefördert wurde und auf dem Gebiet der Filmproduktion beim Saarländischen Rundfunk ein Umdenken stattgefunden hat. Die jungen Filmemacher brauchen Geld um gute Filme machen zu können. Auf dass sie nicht wie der Meister Wolfgang Staudte ihr Talent nur mit „Tatort“ vergeuden müssen! Auch in diesem Jahr zeigte die Staudte Fördergesellschaft im Rahmen des MOPs einen seiner wenigen Filme „Kirmes“, aus dem Jahr 1960. Offen und mutig schaut er in die Seele der deutschen Gesellschaft nach dem 2. Weltkrieg, mit einer bis heute selten gesehenen Selbstkritik.
Erfreulich ist, dass auch für die Menschen, die einen Rollstuhl benutzen müssen oder bei den Reden oder Filmen einen Gebärdensprachdolmetscher brauchen einiges verbessert wurde, wenn auch noch mehr getan werden soll.
Bei den meisten Gelegenheiten blieb unerwähnt, dass das Filmfestival einen neuen Programmleiter, Oliver Baumgarten, hat. Wir wollen hoffen, dass auch seine Mitarbeit dazu beigetragen hat, dass uns in diesem Jahr ein qualitativ sehr gutes Programm angeboten wurde. Jedenfalls scheint es, dass das Trio Festivalleiterin Gabriella Bandel, Programmleiter Baumgarten und die Organisationsleiterin Claudia Ruth gut zusammenpassen. Wünschen wir uns, dass dies auch im nächsten Jahr so bleibt.
Unterdessen können die Saarbrücker selbst das MOP Festival bei den jungen Filmemachern noch beliebter machen: in dem sie sich noch mehr Filme anschauen, sich an Diskussionen beteiligen oder z.B. den gastierenden Filmschaffenden eine kostenlose Schlafmöglichkeit in der Innenstadt anbieten.
Damit unser im Blauen-Herzen-Rhythmus pulsierendes Festival noch charmanter wird, finden sich hoffentlich bis zum nächsten Jahr auch noch einige großzügige Sponsoren. Es wäre z.B. an der Zeit, dass in dem Pressezentrum für die akkreditierten Journalisten ein Paar Arbeitscomputer zur Verfügung gestellt werden.